MHK WELT 2023

Mit Musikern stimmige Führung lernen Was Orchesterleitung mit guter Unternehmensführung zu tun hat Berlin (jp). „Vielleicht werden Sie ein Orchester ab heute mit ganz anderen Augen sehen und mit anderen Ohren hören.“ Mit diesen Worten und einem Stück von Bruckner endete der Vortrag von Christian Gansch. An musikalischen Beispielen hatte der erfolgreiche Dirigent, Musikproduzent und Buchautor hörbar gemacht, dass in einem Orchester ganz unterschiedliche Rollen zusammenkommen – das Publikum am Ende aber nichts davon mitbekomme, wie anstrengend es war, daraus ein harmonisches Ergebnis zu formen. Dass sich sein beeindruckender Vortrag „Neue Zeiten brauchen neues Denken“ über das Zusammenspiel und die verschiedenen Rollen in einem Orchester eins zu eins auf die Unternehmensführung übertragen lässt, wurde den Gästen in der voll besetzten Convention Hall schnell deutlich. Denn wie Dirigenten stehen die Unternehmerinnen und Unternehmer in ihrem Alltag vor ganz ähnlichen Aufgaben und Herausforderungen. Mit 140 Musikern, einem administrativen Bereich und einem Betriebsrat gehe es in einem Orchester zu wie in einem großen Unternehmen, berichtete der Management-Speaker. Und es seien mit Streichern, Holzbläsern und der großen Tuba die unterschiedlichsten Milieus unter einen Hut zu bringen. Dafür brauche es Handwerk, Präzision und Disziplin. Genauso wichtig seien jedoch auch die gelebten Werte. Motivation zum Beispiel, wie er an der kleinen Triangel verdeutlichte. „Es geht darum, auch die kleinste Stimme abzuholen.“ Ein weiterer Aspekt: Harmonie. Rund 200 bis 250 Auftritte bestreite ein Orchester jährlich. In jeder Konzerthalle warte eine andere Akustik. Das verlange eine strategische Anpassung, bei der jeder mitgenommen werden müsse. „Und wenn 60 Streicher ihren Bogenstrich ändern müssen, damit die Flöte gut klingt, dann machen sie das. Sachlichkeit entscheidet, nicht das Ego“, betonte Gansch. Zudem müsse jeder Konzertauftritt bei null beginnen. Ein besonders guter vorhergehender Auftritt zähle nicht, wenn man vor einem neuen Publikum stehe. Auch für Probleme mit dem Gegenüber hatte er einen Tipp: „Nicht gleich lospoltern, sondern vorher einen Blick in den Spiegel werfen, denn ein Orchester klingt immer nur so gut gestimmt wie der Gesichtsausdruck, mit dem der Dirigent es anschaut.“ Aufgaben, die ebenfalls nicht nur einem Dirigenten, sondern auch Unternehmern zukommen, sind vorausdenkendes Führen, Vertrauen, Anerkennung und eine gelebte Change-Kultur. Sie sei unser täglicher Begleiter. Mit zwei Bach-Interpretationen aus unterschiedlichen Jahrzehnten hatte er ein selbst für das Laien-Ohr eindrucksvolles Beispiel parat. Am Ende seines Vortrags plädierte der gebürtige Österreicher für mehr Miteinander in der Gesellschaft. Aufeinander hören, miteinander handeln – darauf komme es an. Und auch dafür sei ein Orchester, in dem nahezu jeder Musiker aus einem anderen Land komme, ein hervorragendes Vorbild. Berlin (yk). In den letzten Jahren sei dem Handwerk und stationären Handel schon mehrfach das Ende vorausgesagt worden, sagte Karl Trautmann, Geschäftsführer bei ElectronicPartner. „Über dreitausend Unternehmer:innen hier beweisen das Gegenteil“, betonte er in seinem Vortrag vor den über 3.000 Gesellschaftern in der Convention Hall 2 und berichtete über den Erfolgsweg von EP: vom Elektronikgeschäft hin zur großen Handelsmarke. Nachdem die Referenten zuvor ihren Fokus auf den Markenerfolg im World Wide Web gelegt hatten, berichtete Trautmann über die Wirkung einer Marke im stationären Handel. sagte der Experte mit über 30 Jahren Erfahrung im Handel. Für den Erfolg bedürfe es zweier Dinge: eines fähigen Unternehmers und einer starken Handelsmarke. Eine solche begann er vor zehn Jahren mit ElectronicPartner zu schaffen. Damals stellten sie sich die Frage, was sie wohl tun müssen, um in 10 Jahren Firmenjubiläum zu feiern und die Nummer 1 im stationären Handel für Verbraucher zu sein. „Und wir fingen an, sehr präzise Kennziffern und Zahlen zu definieren“, beschrieb Trautmann die ersten Schritte des erfolgreichen Wegs der Handelsmarke EP:. „Und diese haben wir unseren Mitarbeitern vorgestellt, um ihr Commitment zu erhalten, denn den Weg kann das Management nicht allein gehen“, betonte Trautmann.Weiter mussten die Partner und Lieferanten involviert werden, denn nur mit ihnen konnten sie kontinuierlich in Validierung und Qualitätssysteme investieren. Mit der Zustimmung der Mitarbeiter und Partner konnten 2014 die vier Phasen der Entwicklung beginnen: In Phase eins wurde eine Bestandsaufnahme in allen Fachgeschäften durchgeführt: Sind die Ladendesigns und Außenauftritte einheitlich? Wie sehen die Webseiten aus? Welches Sortiment haben die einzelnen Händler im Lager? Oder wie ist der Wettbewerb in den Regionen aufgestellt? Die Beantwortung der Fragen habe dem Management und jedem einzelnen Händler aufgezeigt, dass die EP:-Händler wenig einheitlich sind, erzählte Karl Trautmann. Somit wurde Phase zwei eingeleitet. Hier regelte man das Thema Lastenteilung, um sicherzustellen, dass alle Beteiligten einen fairen und gerechten Beitrag zahlen. Zudem musste mit der Industrie über eine finanzielle Beteiligung verhandelt werden. „Denn sie muss das Ganze mitstemmen“, erklärte Karl Trautmann. In der dritten Phase wurden die 730 Händler befragt. Sie mussten sich entscheiden, ob sie den neuen Weg mit uns gehen. „Damit lösten wir eine große Diskussion um die Freiheit der einzelnen Händler aus. Und das hat ihnen zum Teil Angst gemacht“, beschrieb der Unternehmer, der für den Schritt aber auch Zustimmung erhalten hat. Das Management machte den Unternehmern klar, dass ein bisschen Einbuße ihrer bisherigen Freiheit am Ende den Gewinn von ganz viel unternehmerischer Freiheit bedeutet. Nicht alle wollten den neuen Weg mitgehen. Und so starteten sie mit einigen Händlern weniger in die Phase vier, die Umsetzungsphase. „Und für diese, Volker, drücke ich dir die Daumen, dass ihr euren zeitlichen Plan einhalten könnt“, sprach Trautmann Volker Klodwig auf seine bevorstehende Aufgabe an. Er selbst sei stolz auf den Erfolg, den EP: zehn Jahre nach Beginn der Markenbildung erreicht habe. Das bestätigen auch die Bewertungen aus Branche und Wirtschaft“, so Trautmann. Auch die Umsatzentwicklungen der Jahre 2015 bis 2022 zeigten die Stärke der Handelsmarke. Bis auf das Jahr 2022 lag der Umsatz von EP: deutlich über dem des restlichen Handels. „Und 2022 waren wir immerhin besser schlecht als die Konkurrenz“, schmunzelte Trautmann. Mit 300 Partnern hat EP: das 2,8-fache an Umsatz erreicht als mit 730 Partnern vor zehn Jahren. Zusätzlich haben die Handelspartner keine Probleme bei der Nachfolgesuche. Für den Handelsexperten ist also ganz klar, dass die Unternehmer mit einer starken Handelsmarke deutlich erfolgreicher und zukunftsfähiger sind als die Eigenprofilierten. „Mein Fazit: Der Fachhandel hat eine gute Zukunft, wenn er seine Kunden ganz klar in den Fokus stellt.“ Und das bedeute einheitliche Leistungen, Preise und Services und immer wieder Stringenz. Zuletzt ließ es sich Trautmann nicht nehmen, die Veranstaltung der MHK zu loben, und wünschte den Anwesenden noch viel Spaß und ein erfolgreiches Wirtschaftsjahr 2023. Karl Trautmann hat eine große Handelsmarke entwickelt und gab seine Erfahrungen gerne an die Gäste weiter. Mit Unternehmertum und Marke zum Erfolg Karl Trautmann über den Weg zur starken Handelsmarke Murat und Sally Özcan – mit „Sallys Welt“ haben sie über zwei Millionen Abonnenten auf YouTube. Berlin (lh). „Sei sympathisch, erzähle eine Story und sage, was du willst.“ Mit diesen Worten legten Sally und Murat Özcan in ihrem Vortrag dar, warum Social Media so wichtig ist und wie man es richtig nutzt. Sie wissen, wie es geht, denn die beiden stecken hinter „Sallys Welt“, dem erfolgreichsten YouTube-Kanal Deutschlands rund um die Themen Kochen und Backen. Als Quereinsteigerin hat die gelernte Grundschullehrerin ihr Hobby zum Beruf gemacht und erreicht nun auf YouTube mit rund zwei Millionen Abonnenten viel mehr Menschen als in einer Schulklasse. „It all starts in your head. No matter where you are.“ Unter diesem Motto hat Sally zusammen mit ihrem Mann das Sallycon Valley in Waghäusel aufgebaut und verkauft mit über 150 Mitarbeitenden hauptsächlich in ihrem Online-Shop eigene Backzutaten, Zubehör und vieles mehr. In der Vergangenheit wurde sie belächelt, doch nun stand Sally als erfolgreiche Unternehmerin auf der Bühne und führte die Gäste in der Convention Hall II in „Sallys Welt“ hinein. Sie und Murat identifizieren sich bewusst nicht als „Influencer“, denn es geht ihnen in den Videos nicht darum, Werbung für ihre Produkte zu machen. Im Fokus stehen Rezepte und wertvolle Inhalte mit Lösungen für den Alltag. „Content Creator“ ist als Bezeichnung daher treffender. Die besten Inhalte sind informativ und unterhaltsam, denn pure Werbung will keiner sehen. Sie wecken Bedürfnisse, wo vorher noch keine waren. Mittlerweile kommen Menschen in Küchenstudios und wollen genau dieselbe Küche haben wie die aus Sallys Videos. Deshalb braucht man Social Media! Durch einfache Clips, für die keine professionellen Kameras gebraucht werden, kann man die Zuschauenden mit Funktionalität und Innovation beeindrucken. Es gibt so viele verschiedene Technologien in der Küche, die die meisten noch nicht kennen, doch kurze Videos können aufklären und die Funktionen präsentieren. Zum Abschluss ihres Vortrages ermutigten Sally und Murat auch die Gäste, sich zu trauen und sich auf Social Media zu zeigen „denn was wir können, das können auch Sie!“. Ich will Sallys Küche Mit Social Media zur Markenpersönlichkeit Berlin (kk) Schon die ersten Zahlen, die Stefan Hentschel nennt, beantworten die Leitfrage seines Impulsvortrags „Alles digital oder was?“ eindrucksvoll. Der Leiter des Google-Resorts Industrie und Mittelstand weiß, dass mittlerweile acht von zehn Menschen im Internet recherchieren, um Antworten auf Fragen zu bekommen oder Infos zu sammeln. Ob bequem zuhause auf dem Sofa oder mal schnell nebenbei in Bus oder Bahn – das World Wide Web ist zur Hauptinformationsquelle geworden. Wie vielseitig die Suchanfragen sind, die die Menschen an die Nr. 1 unter den Suchmaschinen stellen, macht der emotionale Video-Einspieler zu Beginn seines Vortrags deutlich.Von bedeutenden Ereignissen bis hin zur Umsetzung persönlicher Ziele – Fragen auf alle Themen, die die Menschen beschäftigen und berühren, kommen hier zusammen. Darunter natürlich auch die gezielten Suchanfragen von Konsumenten und Konsumentinnen, die sich vor einem anstehenden Kauf über Produkte erkundigen möchten. Dass der Küchen- und SHK-Bereich zu gefragten Suchfeldern hören, unterstreichen die Zahlen, die Hentschel dann nennt: Allein in Deutschland wird pro Stunde 16.400 mal nach den Begriffen Küche, Bad und Heizung gesucht. Das ergibt die beeindruckende Gesamtsumme von 144 Millionen Suchanfragen jährlich. Ein enormes Potenzial! Hentschels Einschätzung fällt daher positiv aus: Auch wenn die Bedingungen in Zeiten von Fachkräftemangel, Inflation, Margendruck und Co. nicht einfach sind, ist die gute Nachricht für alle Gäste in Berlin: Die Nachfrage für Produkte aus dem Fachhandel ist da! Um diese aber auch zu nutzen, ist es für Unternehmen erforderlich, potenzielle Käufer und Käuferinnen auch im Internet anzusprechen, abzuholen und ihnen online nicht die Tür zu verschließen. Seine starke Aussage: „Wir gehen nicht mehr online. Wir leben online! Und genau dem muss man Rechnung tragen. 75 % der Kaufentscheidung finden online statt. Die Online-Präsenz von Unternehmen ist daher enorm wichtig.“ Vor einigen Jahren noch haben die Menschen den Kauf ihrer neuen Küche oder ihres neuen Bades von Anfang an direkt im Handel vor Ort begonnen, dort die Erstberatung eingeholt, im Anschluss Kataloge gewälzt und sind dann für die finale Planung ins Fachgeschäft zurückgekehrt. Heutzutage recherchieren fast 80 % online und kaufen offline. Vor allem die Verbraucher der Generation Z und Y befinden sich im sogenannten „Entdeckermodus“, starten ihre Recherche im Internet, erkundigen sich im Web nach Geschäften in der Nähe und deren Öffnungszeiten und landen erst am Ende ihrer „Reise“ im stationären Handel. Stichwort Omnichannel. Die Strategie, die darauf abzielt, ein nahtloses kanalübergreifendes Einkaufserlebnis zu bieten: einschließlich im Geschäft, online und mobil. Der richtige Mix machts! Der eindringliche Appell des Online-Experten verwundert daher nicht. Er ruft die Unternehmer auf, gleich ab Montag aktiv zu werden, um den Kunden schon online an die Hand zu nehmen. Als er vom „Alltagsschlamm“ spricht, der einen im Tagegeschäft schnell zu überrollen droht, schmunzeln und nicken viele. „Tragen Sie sich 20 % Zeit für das Thema Digitales im Kalender ein und nehmen Sie sich diese Zeit auch“. Im Fokus dieser Überlegungen sollte dabei immer der Kunde stehen und nicht die eigenen Befindlichkeiten. Genau dieses Modell à la „Focus on the user – and the rest will follow“ hat Google so erfolgreich gemacht. 1998 gegründet, in einer Zeit, in der es auf Webseiten nicht genug blinken konnte, stach die Google-Suche mit ihrem aufgeräumten und minimalistischem Design hervor. Der Gedanke dahinter: Die ideale Usability für den Kunden, um schnell zum Ziel – sprich hilfreichen Antworten – zu kommen.Apropos Ziel: Das erreicht man am besten im Team, unterstützt von starken Partnern. Partnern wie z. B. der MHK Group und Ihren Experten. Stefan Hentschel von Google Deutschland betont, wie wichtig es ist, dass Unternehmen für kanalübergreifende Einkaufserlebnisse für Kunden sorgen. Stichwort: Omnichannel. Nur so gelingt die Kundenansprache auch online. Alles digital: Wir leben online Hentschels Plädoyer für stärkere Präsenz im Internet Wir gehen nicht mehr online. Wir leben mittlerweile online. » Bieten Sie ein nahtloses kanalüber- greifendes Einkaufserlebnis an! » Es ist nicht damit getan, ein schönes Ladengeschäft zu finden und das Schild „open“ an die Tür zu hängen, » Wir haben es geschafft, die Nummer 1 zu werden. » SONNTAG, 4. JUNI 2023 Seite 6 Der Management-Speaker und Dirigent Christian Gansch hatte eindrucksvolle Musikbeispiele im Gepäck.

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